Mitte der 60er Jahre, die
Kinohochkonjunktur mit gegenüber heute zehnfach höheren Besucherzahlen
flaute langsam ab, galt die Rückbesinnung auf filmhistorische Pflege und
die Förderung des Archivwesens noch wenig, kommunale Kinos waren noch nicht
in Sicht und Kinematheken befanden sich erst in der Gründung (u.a. Gerhard
Lamprechts Stiftung einer Deutschen Kinemathek, dem heutigen Filmmuseum Berlin
- Deutsche Kinemathek).
Ein
Berliner Original, der 1928 geborene Max Cichocki, sammelte schon seit den letzten
Kriegstagen allerlei 'Raritäten aus der Flimmerkiste', vorzugsweise alte
und neue Filmrollen, Fotos, Filmplakate, Rosskarten, Filmkurier-Programme und
Projektionsapparate von 1895 bis 1945, explizit aus deutscher Produktion - so
unentwegt bis heute, denn in einschlägigen Sammlerkreisen und auf Berlins
Trödelmärkten kennt ihn jedermann. Sein Hobby finanzierte er sich bis
Mitte der 70er Jahre als Umrollgehilfe und Vorführer in den Neuköllner
'Ili-Lichtspielen', als Kleindarsteller, Betreuer bei den Filmfestspielen oder
Positiventwickler in den Berliner Mosaik-Studios und den Geyer-Werken.
1962 eröffnete er an Riehmers Hofgarten in Kreuzberg das '1. Berliner Kinomuseum'.
Eigens gründete sich hierfür ein Verein, in dem sich auch der junge
Ulrich Gregor (Arsenal)
einschreiben ließ. Seit der Jahrhundertwende ist der Kiez in Riehmers Hofgarten
ein belebtes Terrain. Heute befinden sich dort, umringt von Jugendstil-Häusern,
eine neogotische Kirche, ein Park im Hinterhof sowie das Yorck Kino.
Das 'Berliner Kinomuseum', ein kleines Ladenkino in der Tradition der frühen
Nickelodeons und Penny Arcaden, war in die Hausfassade der Großbeerenstraße
57 integriert. Der Eingangsbereich glich dem eines kleinen Zeitungs- oder Blumenladens,
über dem Eingang befand sich der Namenszug der Spielstätte. Andere Berliner
Kinobetreiber berührte das Berliner Kinomuseum zu keiner Zeit: Vollständig
war das Programmkonzept und die Betriebsweise des Kino abgekoppelt von zeitgemäßem
Business. Stark auf Nostalgie ausgerichtet, als 'Just for Fun' am Kintop vom Betreiber
aufgefasst, zeigte er großteils 'Raritäten aus der Flimmerkiste': Stummfilmgrotesken
von Laurel and Hardy, Chaplin sowie die Klassiker von Fritz Lang, Alfred Hitchcock
und Friedrich Wilhelm Murnau. Auch einige französische Krimis oder Trash
á la Warhol fanden sich an. Die meisten Filme wurden allerdings im Schmalfilmformat
(oft auch in älteren, gekürzten Versionen) gezeigt.
[Jean Pierre Gutzeit 3'00]
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Eingang, undatiert (oben) © kinokompendium |
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